Die Architektur einer Sprache setzt sich aus Einheiten wie Phonemen, Morphemen, Lexemen und Syntagmen zusammen, zu denen seit den 1970er Jahren auch die mehr oder weniger festen Wortverbindungen gezählt werden, deren aktuelle Bedeutung sich oft nicht aus der Bedeutung der einzelnen Konstituenten ergibt. Es handelt sich bei diesen mehr oder weniger festen Wortverbindungen wie sich die Zähne putzen, Bauklötze staunen, Morgenstund hat Gold im Mund oder Guten Morgen! um in vielerlei Hinsicht verschiedenartige sprachliche, kommunikative und kulturelle Phänomene, die auf Grund ihrer besonderen semantischen, pragmatischen, distributiven und syntaktischen Eigenschaften sowie der tradierten Wissenseinheiten hohe Anforderungen an die linguistische Beschreibung stellen. Das Wissen über die Herausbildung der Formelhaftigkeit im Deutschen, ihre Funktionen in Texten unterschiedlichster Gattungen sowie das metasprachliche Wissen über sie ist bislang fragmentarisch und mosaikartig.

Das Projekt "Historische Formelhafte Sprache und Traditionen des Formulierens" (HiFoS) widmet sich der epochenübergreifenden Untersuchung der Herausbildung von formelhaften Wortverbindungen im Deutschen in ihrer Dynamik und soziokulturellen Vielfalt und will diese Forschungslücke korpusbasiert mit Hilfe moderner Technologien zur metasprachlichen Auszeichnung von Daten schließen. Auf diese Weise wird ein Stück Kulturgeschichte des Deutschen vom 8. bis zum 17. Jahrhundert in Form einer Datenbank der scientific community sowie dem breiten nicht-wissenschaftlichen Publikum zeitnah zur Verfügung gestellt. Das Projekt arbeitet somit an der Schnittstelle der Historischen Linguistik und der EDV-Philologie und verbindet moderne Informationstechnologien mit interdisziplinärer Interpretation und neuesten Kriterien der linguistischen Analyse.

Im Oktober 2006 wurde das Projekt von der Alexander von Humboldt-Stiftung mit dem Sofja Kovalevskaja-Preis ausgezeichnet (Stifter Bundesministerium für Bildung und Forschung).

Das Projekt wird seit dem 01.07.2007 im Fachteil Ältere deutsche Philologie (Prof. Dr. Claudine Moulin) des Fachbereichs II an der Universität Trier durchgeführt. Die Anschubfinanzierung des Forschungsfonds der Universität Trier im Jahr 2004 hat die Durchführung der ersten Vorarbeiten ermöglicht.